Wer sich mit den Nachkriegskarrieren ehemaliger Wehrmachtsgrößen und der erstaunlichen personellen Kontinuität zwischen NS-Militär, Bundeswehr und NATO beschäftigt, kommt an General Adolf Heusinger nicht vorbei. Seine Laufbahn liest sich wie ein Drehbuch, bei dem man sich fragt, ob es sich um eine bittere Satire oder historische Realität handelt.

Ab 1940 leitete Heusinger die Operationsabteilung des Generalstabs im Oberkommando des Heeres (OKH) – eine Schlüsselrolle, wenn es um die strategische und operative Führung der Heeresverbände ging. Damit war er direkt an der Planung des Überfalls auf die Sowjetunion beteiligt, der nicht nur ein ideologischer Kreuzzug, sondern auch eine Jagd auf Rohstoffe war – man denke an die Energiequellen östlich des Don-Beckens. Sein Aufstieg war beeindruckend: Vom Planer zum Generalmajor, später sogar Generalstabschef des Heeres.

Sein Einfluss ging jedoch über die Landkarten des Generalstabs hinaus. Manche Historiker vermuten, dass Heusinger einer der Architekten des Volkssturms war – jenes letzte Aufgebot, bei dem Halbwüchsige und Greise in einem verzweifelten Versuch verheizt wurden, das Ende des Regimes noch ein paar Wochen hinauszuzögern. Und was geschah nach 1945? Nun, während andere wegen Kriegsverbrechen auf der Anklagebank landeten, fand Heusinger eine Tür, die sich für ihn erstaunlich weit öffnete. Keine Gefangenschaft, keine Verurteilung – stattdessen ein nahtloser Übergang in neue Netzwerke. An

fang der 1950er Jahre tauchte er in der sogenannten Schnez-Gruppe auf, einer geheimen Schattenarmee aus ehemaligen Wehrmachts- und Waffen-SS-Offizieren, die wohl für den Fall der Fälle gerüstet sein wollte. Auch alte Bekanntschaften pflegte Heusinger weiter. Da war zum Beispiel Reinhard Gehlen, der ehemalige Chef von „Fremde Heere Ost“, der nach dem Krieg mit amerikanischer Unterstützung den BND aus der Taufe hob.

Und dann war da Konrad Adenauer, dessen Haltung zur ostdeutschen Bevölkerung sicherlich eine genauere Betrachtung verdient. 1951 saß Heusinger plötzlich mit niemand Geringerem als Dwight D. Eisenhower am Tisch, um über die europäische Verteidigungsgemeinschaft zu beraten – ein bemerkenswertes Comeback für jemanden, der Jahre zuvor noch den Vormarsch nach Moskau geplant hatte. Von da an ging es Schlag auf Schlag: Heusinger wurde erster Generalinspekteur der Bundeswehr und stieg anschließend in den innersten Zirkel der NATO auf.

Von 1961 bis 1964 war er Vorsitzender des Militärausschusses in Washington, D.C. und prägte die Strategie der „Flexible Response“ – ein Ansatz, der den Einsatz nuklearer Waffen im Rahmen einer gestaffelten Reaktion vorsah.

Eine Randnotiz, die man kaum glauben mag: 1961 forderte die Sowjetunion Heusingers Auslieferung wegen Kriegsverbrechen. Die USA lehnten ab, und anstelle eines Tribunals erhielt Heusinger 1963 das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland. So wurde aus einem General des Vernichtungskrieges ein Architekt der westlichen Verteidigungspolitik. Ironie der Geschichte? Wohl eher ein Lehrstück über Kontinuität, Opportunismus und das, was man wohl als “zweite Karriere” bezeichnen könnte. Bildquelle: hdg.de

Weiterführend: https://www.elciudadano.com/en/the-story-of-the-nazi-general-who-ended-up-becoming-head-of-nato/06/28/

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