“Ein Studium darf nicht an finanziellen Hürden scheitern. Viele Studierende haben finanzielle Sorgen, weil ihre Eltern für das BAföG zu viel und für den vollen Unterhalt zu wenig verdienen. Wir Freie Demokraten finden: Erwachsene Studierende sind eigenständige Persönlichkeiten und kein Anhängsel einer elterlichen Bedarfsgemeinschaft. Ihr Bildungsweg darf nicht von der Unterstützungskraft oder -bereitschaft ihrer Eltern abhängen. Deshalb schlagen wir ein elternunabhängiges Baukasten-BAföG vor mit handfesten Chancen für alle, die aus eigenem Engagement etwas erreichen wollen.” – so Jens Brandenburg, FDP MdB gestern am 18. August 2020.
Ich sage:
Wieder mal ein typischer FDP Bullshit.
Ein Studium SOLLTE an finanziellen Hürden scheitern. Denn nur so wird es wertvoll. Und GUTE Leute verdienen sich durch GUTE, WERTVOLLE Jobs ihr Studium locker nebenbei, egal wo sie herkommen.
Beispiel: Aufgrund des vergleichsweise hohen Einkommens vieler Mittelschichtseltern kannte ich kaum jemanden von meinen Mitstudenten an der TU München, der BAföG bekommen hatte – und oft ist es immer noch so. D.h. entweder mußten sie sich vor ihren Eltern rechtfertigen oder sie arbeiteten nebenbei in der Industrie – als Programmierer, als Werkstudent, whatever. Das ging bereits zu meiner Zeit (ich habe 1990-1995 Elektrotechnik studiert) und das geht heute weiterhin.
Nur mal so als Beispiel: Mein zu versteuerndes (!) Einkommen als selbständiger Programmierer – Visual Basic, C, später C++, Connectivity-Zeugs – lag im Jahr 1992 bei etwa 28’000,- DM und damals konnte man noch so richtig richtig Shit von der Steuer absetzen. Wißt ihr was 28’000 DM in heutigen Werten wert ist?
Was die FDP-Fuzzis hier machen wollen, ist Sozialkommunismus für Leute, die ein Studium ergreifen, das für den Großteil der Leute niemals richtig zahlt, das sie – bis auf Ausnahmen – zu Nettosteuerempfängern verkommen läßt und höchstens eine Art von verzweifelnder Klientelpolitik ist. Das wird genau das Gegenteil bewirken, es wird nicht die Leute “empowern” sondern sie klein halten, Fehlallokationen für Shitstudiengänge bewirken und damit dem Standort Deutschland einen weiteren Sargnagel reinballern.
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PS: Just for the records. Ich habe am 31. März 1995 meinen Diplomvortrag gehalten, einem Freitag. “Objektorientierte Modellierung und Simulation von Chipkartenbetriebssystemen.”. Während der Diplomarbeit habe ich mit Kollegen ein Fachbuch über OS/2 im Umfang von 964 Seiten geschrieben, das hat mir das Jahr 1995 nochmal versüßt. Mein Einstellinterview hatte ich am Dienstag, 28. März. Vertrag kam subito pronto. Am Montag, 3. April habe ich das Arbeiten angefangen. No break.
Mein Einstiegsgehalt lag übrigens nach dem Studium 1995 bei DM 6850,- pro Monat, just for the records. Plus Aktienkaufplan. Danach gab es im Durchschnitt Jahr für Jahr auf 13 Jahre etwa 11% Gehaltssteigerung (sic!), und nach einem Jobwechsel im Jahr 2008 ging es so richtig ab, da möchte ich jetzt lieber aus Höflichkeitsgründen darüber schweigen.